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Rannische Straße 3

Städtebauliche Situation

Die Rannische Straße liegt im südlichen Teil der halleschen Altstadt. Sie erstreckt sich vom Alten Markt bis zum Franckeplatz und ist der wichtigste Verbindungsweg zwischen dem Marktplatz und den Franckeschen Stiftungen.

Lange Jahre bot sich den Passanten hier ein wenig erfreuliches Bild. Baulücken und unsanierte Häuser reihten sich aneinander, der Leerstand war beträchtlich. Im Jahre 2008 entschloss sich der Investor Karl Elmer, die Baudenkmale Rannische Straße 3, 5, 9 und 17 zu erwerben und zu sanieren sowie auf den dazwischen liegenden Brachflächen neue Wohn- und Geschäftshäuser zu errichten. Mit der Sanierung des Hauses Rannische Straße 3 präsentiert sich der Straßenzug nun wieder in neuer „alter Schönheit“.

 

Das Baudenkmal Rannische Straße 3

Das Baudenkmal Rannische Straße 3 nach der Sanierung, September 2011Vor Beginn der Sanierung war kaum zu erahnen, welches bauhistorische Kleinod sich hier hinter neuzeitlichen Putzen verbarg. Abgesehen von einigen Details wirkte das Gebäude trotz seiner eindrucksvollen Größe eher unscheinbar.

Die Auswertung von Archivunterlagen und der Befundsituation vor Ort ergaben, dass das Haus in den späten 1920er Jahren straßenseitig um ein Geschoss aufgestockt wurde. Wesentliche Konstruktionsteile des historischen Mansarddaches waren jedoch erhalten geblieben. Bauherr und Architekt entschlossen sich daraufhin zu einer Wiederherstellung der historischen Dachform.

Dadurch erhielt das Gebäude seine ursprüngliche Dimensionierung zurück. Die Fassadenproportionen des nunmehr dreigeschossigen Gebäudes mit gaubenbesetztem Mansarddach gelangten ins Gleichgewicht. Das Haus ist nun wieder eindeutig als Barockbau zu identifizieren.

Das künstlerisch wertvollste Ausstattungselement der Barockzeit war das von einem Sprenggiebel mit Wappentafel, Kartusche und Schriftband bekrönte und von Pilastern mit ionischen Kapitellen gerahmte Portal in der Mittelachse des Gebäudes. Im Zuge von Modernisierungsmaßnahmen wurde 1988 die komplette Bekrönung des Portals zerstört. Dank des Einsatzes damaliger Denkmalpfleger und Museumsmitarbeiter konnten immerhin einige Bruchstücke geborgen und eingelagert werden.

Diese Fragmente bildeten im Jahr 2010 die Grundlage für die detailgetreue Wiederherstellung der Portalbekrönung. Der einer halleschen Pfännerfamilie zugeschriebene Wappenstein konnte restauriert und wieder eingefügt werden. Die restlichen Teile wurden nach akribischer Auswertung von Bruchstücken des Originals sowie unter Zuhilfenahme historischer Fotografien 1:1 kopiert. Neben dem reich profilierten Sprenggiebel und der Kartusche betrifft das auch den Schriftzug „Hotel de Prusse“. Dieser konnte an Hand von Fragmenten des Originalschriftzuges am Gebäude nachgewiesen werden.

Auf Grundlage von Resten der Originalsubstanz sowie historischer Fotografien wurden auch die hölzernen Ladenstaffagen zu beiden Seiten des Portals wiederhergestellt.

Die barocken Fenstergewände in den Obergeschossen der straßenseitigen Fassade erhielten eine steinmetzmäßige Überarbeitung. Die Fenster selbst wurden als Analogiefassungen in Anlehnung an barocke Kreuzstockfenster gefertigt.

Dieses Gestaltungsmuster wurde auch auf den östlichen Teil des Nordgiebels übertragen, wo die barocken Sandsteingewände nach früheren Sanierungsmaßnahmen weitgehend zerstört waren.

Die bauhistorisch spektakulärsten Details fanden sich jedoch im westlichen Teil des Nordgiebels. Hier traten nach dem Entfernen jüngerer Putzflächen Teile der Außenwand eines romanischen Wohnturmes mit zwei Biforienfenstern (gekuppelten Rundbogenfenstern) zu Tage. Diese lassen sich auf die Zeit um 1200 datieren und zählen zur ältesten profanen Bausubstanz in der Stadt Halle (Saale).

Als einziges im heutigen Stadtbild sichtbares bauliches Zeugnis der im 11. Jahrhundert nachgewiesenen Fernhändlersiedlung am Alten Markt sind diese beiden romanischen Fenster auch von höchster stadtgeschichtlicher Bedeutung.
 
Dank des besonderen Engagements sowohl des Bauherrn als auch der Architekten konnte das Haus Rannische Straße 3 in behutsamer Detailarbeit als wertvolles Zeugnis hallescher Stadt- und Kulturgeschichte sowie als stadtbildprägendes Bauwerk überzeugend wiederhergestellt werden.

Abgerundet wird der positive Gesamteindruck durch einige bemerkenswerte Innenraumdetails, die in einer kleinen Auswahl in der Bildergalerie mit vorgestellt werden sollen.

Bauherr: Karl Elmer, Warendorf
Architekten: Günther Gernhold und Olaf Gernhold, Halle (Saale) / Münster
Baustil: Barock

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